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Erinnerungen werden über die Jahre
immer fiktionaler. Die Fantasie verwebt tatsächlich Erlebtes mit
zahlreichen anderen Geschichten. Um dennoch Belege zu haben, woran
wir unsere Wahrheit festmachen können, fotografieren – resp.
knipsen – wir unseren Alltag, oder was wir für besondere
Momente halten und legen diese Fotografien in Alben ad acta. Jedenfalls
haben dies unsere Eltern getan. Im Zuge einer grundsätzlichen
Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit blättert man
zwangsläufig irgendwann wieder in diesen Alben und findet sich
nackt in der Badewanne, pustend vor Geburtstagstorten und auf zahlreichen
Familienausflügen wieder. Der Widerspruch zwischen der Erinnerung
und ihrem Abbild ist oft riesig. Die Fotos haben über die Jahre
ein Eigenleben entwickelt und fühlen sich fremd an. Trotzdem konstruiert
man einen grossen Teil seiner Erinnerung anhand dieser Fotoalben. Man
lernt mit dem Nebel leben, der sich darüber gelegt hat. (Text: Urs Küenzi) |
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